Hilfe für die Ukraine

9. März 2022

Ein Bericht von Hanna Skovgaard-Sörensen

Dankbarkeit und Freude in den Augen aller Beteiligten, als wir, Eltern, Schüler:innen und Lehrer:innen unserer Schule und der Brander Oberschule, ein Auto nach dem anderen vor dem extra für die Spenden angemieteten Lager in Polen ausluden.

Noch lange nach Schulschluss wurden am Freitag die gespendeten Hilfsgüter in der FGS abgegeben, vorsortiert und in drei Autos verladen. Samstagmorgen, 6.15 Uhr war Treff. 4 Stunden Fahrt nach Polen lagen vor uns, niemand wusste so genau was uns erwarten würde. Schon auf der Autobahn war die aktuelle Situation allgegenwärtig. Die Solidarität der Menschen über Landesgrenzen hinweg war gigantisch, alle Viertelstunde sah man bis unters Dach vollgepackt Autos. Viele mit Schildern “Help for Ukraine”. Aus der Schweiz, Italien, Frankreich, Belgien, Norddeutschland, Süddeutschland, Westdeutschland – eigentlich von fast überall her.

In Breslau war unser Ziel ein Lagerhaus. Auf dem Gelände begegneten uns viele Menschen, Schüler:innen, Menschen in Uniform, Freiwillige. Trotz der Sprachbarriere packten alle mit an, luden gemeinsam die Autos aus. Und mit jeder Kiste, jeder Packung Windeln wurden die Türme der bereits eingelagerten Spenden höher und größer. Man sagte uns, dass bereits ein LKW nach Lemberg (Ukraine) gefahren wäre und bis zum Abend zwei weitere mit Hilfsgütern Breslau verlassen sollten.

Nach einer gemeinsamen Mittagspause im Zentrum Breslaus und einem Spaziergang über den schönen Markt trennten sich die Wege unserer Gruppe, ein Teil blieb noch in Breslau, ein Teil fuhr zurück nach Freiberg. Auch mein Papa und ich machten uns auf den Heimweg. Wir hatten vorsorglich die Sitzbank unseres Autos drin gelassen und zwei Sitzschalen eingepackt. Vielleicht fand sich irgendwer, der mit nach Deutschland fahren wollte. Zufällig kamen wir am Hauptbahnhof in Breslau vorbei. Wir wollten wenigstens versuchen, ob wir jemandem mit einer Mitfahrgelegenheit helfen könnten. Schon als wir uns einen Überblick vor Ort machten, merkten wir wie angespannt die Situation war. Hilfsorganisationen waren vor Ort, Rettungssanitäter, Polizei und hunderte Menschen aus der Ukraine, die mit immer neuen Zügen vor Ort ankamen. Die Volontäre vor Ort sagten uns, dass sie uns nicht einfach vermitteln könnten, da sie als Organisation nicht wüssten wie vertrauenswürdig wir sind – verständlich. Es gäbe jedoch die Möglichkeit privat Familien anzusprechen und ihnen eine Mitreise anzubieten. Am Bahnhof trafen wir dann wie durch Zufall eine kleine Personengruppe aus Dresden. Sie warteten auf die Schwiegermutter einer Freundin. Mit ihrer Hilfe hatten wir nochmal die Möglichkeit Geflüchtete im Bahnhof auf russisch und ukrainisch anzusprechen. Kurze Zeit später fand sich eine Mutter mit zwei Kindern, die gerne mitfahren wollte.

Das Problem: wir hatten zwar an zwei Kindersitze gedacht, aber nicht an eine Babyschale, sodass wir der jungen Mutter schweren Herzens sagen mussten, dass wir sie und ihr 3 Monate altes Baby nicht mitnehmen können. Es war frustrierend. Man hatte die Möglichkeit zu helfen und trotzdem klappte es irgendwie nicht. Alleine das Wissen, dass jeder der es mit dem Zug aus der Ukraine und von der Grenzen bis Breslau geschafft hatte Hilfe und eine Unterkunft erhielt und in Sicherheit war, milderte diese Ohnmacht nicht helfen zu können etwas ab. Die Menschen dort wurden versorgt. Anders die, die an der ukrainisch-polnischen Grenze ankamen. Innerhalb weniger Tage hatten sich in Freiberg und Umgebungen Gruppen zur Flüchtlingshilfe gegründet. In einigen Orten fuhren immer wieder Privatpersonen an die Grenze um Menschen nach Deutschland, in Sicherheit, zu bringen. Noch auf dem Rückweg von Breslau beschlossen wir als Familie, dass wir weiterhin helfen wollen. Wir haben den Platz und die Kapazitäten um Familien bei uns aufzunehmen

Einen Tag später, am Sonntag, kam die Anfrage, ob es uns möglich wäre, eine Großmutter mit ihrer 12 jährigen Enkeltochter für kurze Zeit bei uns aufzunehmen. Wenige Stunden später kamen sie bei uns an. Die Situation war schwierig. Die Sprachbarriere, die Erschöpfung, ein fremdes Land bei fremden Menschen waren beiden körperlich anzumerken. Sie hatten nichts bei sich, außer einer

kleinen, viel zu kleinen, Tasche mit wenigen Sachen. In der Tasche keine Kleidung, nur Papiere, etwas Essen und Trinken. Es war emotional. Die Oma war gänzlich blind, die Enkeltochter half ihr bei allem. Ohne einander wären sie aufgeschmissen.

Warum wir uns als Familie auf eine solch schwierige und für alle sehr emotionale Situation eingelassen haben? Warum wir als FGS so bereitwillig viele, viele Spenden gesammelt haben? Weil Menschen die ein solches Packet tragen Menschen brauchen, die hinter ihnen stehen. Die helfen und unterstützen. Und sei es nur durch das Kochen von ein paar Nudeln, das Spenden von Zahnbürsten oder das Vermitteln vom Gefühl in Sicherheit zu sein. Diese Menschen, die Mütter, diese Kinder, diese Männer und Frauen, Alte und Junge – sie brauchen uns. Sie brauchen uns und unsere Hilfsbereitschaft. Unsere Empathie.

Am Wochenende werden weitere Hilfsgüter von Freiberg in Richtung Polen und Ukraine gefahren. Spenden können weiterhin in der FGS abgegeben werden.